Schimmel, Gutachten mit thermografischer Messung
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Schimmel, Gutachten mit thermografischer Messung

Vielen Dank für alle Beiträge zu meinem Thread: "Keller: Muff, gelbe Verfärbungen, Feuchtigkeit (?) "
Leider habe noch ein Problem, eigentlich das viel größere: Im Dachgeschoss schimmelt es.
Ich wohne selbst erst seit ein paar Monaten in dem Haus, habe also nur die Angaben des ehem. Bewohners bzw. der Nachbarn.
Nicht nur bei mir, sondern in der gesamten Häuserzeile. (5 Jahre alt, besteht aus 10 Reihenhäusern, jedes hat Keller, EGAbk., OGAbk. und Dachgeschoss)
Der Schimmel tritt in den kalten Wintermonaten am Übergang Dachgiebel/Wand sowie an den Kanten des Kniestockbereichs auf.
Wegen dem Schimmel wurde ewig vor Gericht diskutiert. Beweissicherungsverfahren ..., jetzt endlich kam es zu einem Sachverständigengutachten.
Für das Gutachten wurden thermografische Messungen (im Nov. 02 bei kalter Witterung) durchgeführt, letzte Woche konnte das Gutachten gesichtet werden.
Mich hat das Ergebnis wirklich überrascht/erstaunt:
Der Gutachter bescheinigt überall falsches Wohnverhalten.
Kann es sein, dass eine gesamte Häuserzeile falsch lüftet?
Vorgehensweise des Gutachters:
Berechnung der spezifische Temperaturabsenkung bei normklimatischen Bedingungen und zugehöriger Taupunkttemperatur von 9,3 °C:
fs ≤ (20 °C  -  9,3 °C ) / (20 °C  -  (-15 °C ) ) = 0,31
Hieraus wird die erforderliche Mindest  -  Oberflächentemperatur berechnet:
Tmin. Oberfläche = TInnen  -  0,31 (TInnen  -  Taußen)
Liegt nun die thermografisch gemessenen Oberflächentemperaturen über den rechnerisch ermittelten Werten, so ist das betreffende Bauteil nicht tauwassergefährdet.
Mit dieser mathematischen Formel wurde für jedes Haus "kein baulicher Mangel bzgl. der Wärmedämmung" errechnet.
Messung des Feuchtigkeitsgehalts der betroffenen Bereiche mit dem "Aqua-Boy". (Was mich sowieso wundert, siehe vorige Diskussion)
Das Ergebnis ist kein erhöhter Feuchtigkeitsgehalt.
Zusätzlich wurde der Kniestockbereich in einem Teilbereich geöffnet. Dabei wurde festgestellt, dass die Wärmedämmung + Folie vorhanden und fachgerecht verlegt waren.
Bereits vor ein paar Jahren war einmal ein anderer Gutachter vor Ort und hat den Kniestockbereich geöffnet. Dabei hat der Sachverständige nasse Dämmschicht / Folie festgestellt.
Wie sicher ist die thermografische Messung und oben genannte Vorgehensweise?
Ist die Messung zuverlässig? Kann ich mich zu 99 % auf diese Methode verlassen?
Wer kann mir das Gutachten verifizieren?
Wenn es wirklich schimmelt muss doch Feuchtigkeit da sein. Wie kann dann nach der Messung mit einem Aqua-Boy die Wand trocken sein? Ich setzt jetzt voraus, dass der Gutachter die Ausgleichsfeuchte berücksichtigt hat und entsprechende Erfahrung im Umgang mit diesem Gerät besitzt.
Korrektes Wohnverhalten und kein Baumangel vorausgesetzt, kann es noch andere Gründe für eine Schimmelbildung geben?
Danke Euch für jeden Rat und Hilfe
Bernhard
  • Name:
  • Bernhard
  1. Außentemperatur und Oberflächenfeuchte

    Foto von Dipl.-Physiker Jochen Ebel

    Ohne noch tiefer einzusteigen  -  zwei Fragen erst mal.

    Erstens  -  wie wurde die Außentemperatur ermittelt?

    Wenn der Sachverständige die momentane Außentemperatur genommen hat, dürfte die Außentemperaturmessung in der Regel falsch sein. Für die Außentemperaturmessung ist die glättende Wirkung der Wärmespeicherung zu beachten. Beim Fenster ist der Verzögerungseffekt nicht groß  -  man kann deshalb oft mit den momentanen Temperaturen arbeiten. Bei einer Wand wird das in der Regel falsch sein. Gehen Sie bitte mal zu Ihrer nächsten Wetterdienststelle und lassen sich die Tagesmitteltemperaturen und Sonnenscheindauern vom Vortag der Messung und weiteren 2 bis 3 Tagen geben. Dann möglichst noch die Konstruktion der Mauer (wie dick, welches Material) und dann kann man weiter sehen. Bei sehr dicken Mauern reichen auch 3 Tage noch nicht.

    Grund für die Rechnung: Die Temperatur, die 80 % relativer Luftfeuchte entspricht, soll bei zumutbaren Lüftungsverhalten (Luftfeuchtigkeit unter 50 %) möglichst nie unterschritten werden. Und als Normtemperatur gelten -15 °C. Wenn es wärmer ist, ist natürlich die Oberflächentemperatur innen auch größer und deshalb wird die Temperatur auf die Normtemperatur umgerechnet. Wegen der Speicherwirkung der Wand ist aber der Wärmestrom innen fast tageszeitunabhängig und gleich den Mittelwert der vergangenen Tage. Dieser Wärmestrom geht auch durch die Grenzschicht Rauminneres  -  Wand. Als Folge ist die Wandtemperatur auch relativ konstant und niedriger als die Rauminnentemperatur.

    Zweitens  -  wurde ein Blower-Door-Test (BDT) gemacht?

    Durch Ansehen die ordnungsgemäße Dichtigkeit der Dampfsperre festzustellen ist ein Witz. Selbst wenn alles freigelegt würde: alle Fehler durch Ansehen zu suchen ist zwar theoretisch möglich  -  aber praktisch nicht. Deswegen ein Blower-Door-Test (BDT). Dabei wird durch einen Ventilator im zu untersuchenden Raum nacheinander ein Unter- und Überdruck (Unterdruck, Überdruck) erzeugt, der der Windstärke 5 entspricht (also ganz wenig). Und dann kann man defekte Stellen finden und der Förderstrom darf des Ventilators darf einen bestimmten Wert nicht übersteigen.

  2. welche Fragestellung sollte der SV denn klären

    und welcher geschuldeten Soll-Zustand der Bausubstanz wurde dieser Fragestellung zugrunde gelegt, wenn es um die Auseinandersetzung Bauherr  -  Hersteller des Gebäudes geht?
    Oder handelt es sich um eine Frage des Mietrechtes?
  3. Schimmel, Gutachten mit thermografischer Messung

    Vielen Dank für Eure Antworten.
    Ich bin Eigentümer 2er Wohnungen in der Häuserzeile.
    1 Haus bewohne ich seit 3 Monaten selbst, das andere ist vermietet, Mieter hat die Miete wg. Schimmel gekürzt.
    Dass der Gutachter falsches Wohnverhalten attestiert hat hier niemand erwartet. Ich trau dem ganzen irgendwie nicht, ich kann es wirklich nicht glauben.
    Auf jeden Fall möchte ich die Bauschäden etc. ausschließen, ich will auch nicht Garantie verlieren.
    Das Gutachten habe ich leider auch nicht vollständig.
    Das Gutachten ist gerade erst bei Gericht eingetroffen, die Rechtspflegerin hat mir erlaubt, die rel. Seiten rauszukopieren.
    Temperaturmessungen, Thermobilder etc. waren aber alle im Anhang, die habe ich nicht.
    1. Ich war leider bei der thermografischen Untersuchung nicht dabei, ich weiß also nicht, wie die Außentemperatur ermittelt wurde.
    Die Wand mit dem Schimmel im Giebel besitzt kein Fenster.
    Ich versuche aber, die Daten vom Wetteramt zu besorgen.
    2. Dieser Blower-Door-Test (BDT) wurde bei keinem Ortstermin gemacht.
    Das wäre ja mit Sicherheit im Gutachten oder Protokoll aufgeführt.
    Danke Euch.
    • Name:
    • Bernhard
  4. Rechnung korrekt?

    Hallo,
    danke für Eure Antworten.
    Die Außentemperatur kann ich leider nicht über das Wetteramt erfragen, da ich nicht weiß wann die Messung stattgefunden hat.
    Ich konnte leider nur einen Teil des Gutachtens kopieren.
    Frage:
    Ist eine Blower-Door-Test (BDT) bei einer thermografischen Untersuchung noch notwendig?
    Hat jemand noch Rat zu dem Thema?
    Weiß jemand, ob o.g. Rechnung bzw. Vorgehensweise des Gutachters korrekt ist?
    Danke Euch
    Bernhard
    • Name:
    • Bernhard
  5. Thermographie und BDT oder Ablage P

    Foto von Dipl.-Physiker Jochen Ebel

    So wie jetzt das Ganze nach Ihrer Darstellung aussieht, kann das Gutachten zur Ablage P (Papierkorb) gelegt werden. Ich befürchte der Gutachter hatte keine Ahnung, was er da tut, sonst hätten im Gutachten einige Worte zur Außentemperaturermittlung gestanden.

    BDT und Thermographie überschneiden sich, zeigen teilweise gleiche, teilweise unterschiedliche Fehler.

    Eine Wärmebrücke wird z.B. in der Regel luftdicht sein und eine Undichtigkeit selten sofort eine Wärmebrücke sein.

    Nur wenn gesichert ist, dass an einem Spalt nur kalte Luft von außen reinströmt ist der Mangel mit beiden Verfahren feststellbar. Außerdem kann Thermographie nicht immer gemacht werden, da größere Temperaturdifferenzen vorhanden sein sollten (also vorzugsweise nur im Winter).

    Dann sind bei Innenthermographie-Aufnahmen die Stellen zu sehen, wo es besonders kalt ist: entweder durch eine Wärmebrücke oder durch einen Spalt und kalte Luft von außen. Bei Außenhermographie-Aufnahmen sind die Stellen zu sehen, wo es besonders warm ist: entweder durch eine Wärmebrücke oder durch einen Spalt und warme Luft von innen.

    Bei einer BDT ist erst mal nur festzustellen, ob überhaupt die gesetzlichen Grenzwerte eingehalten sind, ohne konkrete Mangelstellen zu kennen. Und dann geht die Suche los (unabhängig davon, ob der gesetzliche Wert summarisch eingehalten ist oder nicht): Bei Unterdruck wird nach Stellen gesucht, bei denen es reinzieht. Mögliche Stellen vorzugsweise: Armaturen in Vorwandinstallationen, Steckdosen, Schalter usw.. Manche Fehlstellen sind vom Ort der Feststellung weit entfernt  -  und da hilft oft Nebel: innen Uberdruck und Nebel erzeugen, wo er rauskommt ist oft Ort der Fehlstelle.

    Wenn das immer noch nichts gebracht hat beide Maßnahmen kombinieren: Unterdruck erzeugen und mit Thermographie sehen, wo es sich abkühlt: z.B. strömt kalte Luft durch einen Spalt auf eine Gipskartonplatte: An der Stelle, wo sich die GK-Platte abkühlt ist mit hoher Sicherheit ein Spalt, weil die kalte Luft, die durch diesen Spalt kommt, auf die GK-Platte trifft und diese abkühlt.


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