Verlängerung der Gewährleistungsbürgschaft
BAU-Forum: Neubau

Verlängerung der Gewährleistungsbürgschaft

Liebe Forenteilnehmer,
bei einem Gewerk an meinem Haus kam es zu einem erheblichen Mangel, der im Abnahmeprotokoll aufgenommen wurde. Im Anschluss hat der AN'er zweimalig nachgebessert ohne den Mangel zu beheben. Es gibt weitere Mängel / Forderungen, die strittig sind.
Der AN'er hat sich unbegründet trotz Aufforderung danach ca. 1,5 Jahre geweigert an der Mangelbeseitigung mitzuwirken. Aktuell wird unter Leitung und Verantwortung des Architekten dieser Mangel behoben wobei es unklar ist ob bei dieser Ausführung es später dennoch zu Folgeschäden kommen kann.
Eine unbefristete Gewährleistungsbürgschaft des AN'ers wurde nach der Abnahme vor ca. 2 Jahren ausgestellt dessen Rückgabe nun ansteht.
Gibt es ein Recht, den Beginn der Gewährleistungsbürgschaft auf das Ende der Mangelbeseitigungsarbeiten zu setzen für einen Mangel, den der AN'er verursacht hat, dessen fachgerechte Behebung er aber sich entzogen hat?
Vielen Dank und viele Grüße, Thomas
PS: Bundesland Hessen
  1. Verlängerung der Gewährleistungsbürgschaft

    Foto von Ralf Wortmann

    Hallo, Thomas!
    Bevor ich Antworten kann, habe ich noch ein paar Fragen:
    • Die Abnahme (= Beginn der Gewährleistung) war vor 2 Jahren und schon jetzt steht die Rückgabe einer unbefristeten Gewährleistungsbürgschaft an? Welche Gewährleistungsfrist wurde vereinbart?
    • Wer beseitig derzeit diesen Mangel, Sie, oder doch der Auftragnehmer?
    • Um was für einen Mangel handelt es sich denn, der derzeit beseitigt wird? Wie wird er beseitigt? Welche späteren Folgeschäden befürchten Sie?
    • Welche Mängel und streitgen Forderungen gibt es sonst noch?
    • Haben Sie mit dem Architekten, der die Mängelbeseitigung offenbar überwacht, einen Vertrag über diese Leistung? Hält er diese Mängelbeseitigung für in Ordnung oder ist es der Architekt, der die von Ihnen genannten Folgeschäden befürchtet?
    • Um was für eine Bürgschaft handelt es sich genau? Bürgschaft auf erstes Anfordern? Wieviel Prozent der Gesamtbaukosten? Reicht sie der Höhe nach aus, um auf jeden Fall alle sonstigen Mängel und etwaigen Folgeschäden abzudecken? Falls nicht, sollten Sie unbedingt möglichst bald durch einen unabhängigen Sachverständigen klären lassen, was es mit der Mängelbeseitigungsmaßnahme auf sich hat und ob die übrigen Mängel tatsächlich welche sind, oder nicht.

    Prinzipiell schon mal so viel vorab: Es kommt darauf an, ob die derzeit laufende Mängelbeseitigung den anerkannten Regeln den Technik entspricht und zu einer vollständige Beseitigung der Mängel führt. Dazu gehören auch Fragen der Haltbarkeit und der Gefahr des (im Vergleich zur ursprünglich geschuldeten mangelfreien Leistung) Entstehens von Folgeschäden.
    Entspricht die Mängelbeseitigung nicht den anerkannten Regeln der Technik und / oder führt sie nicht zu einer vollständigen Beseitigung der Mängel, bleiben weiterhin bei Ihnen Ansprüche bestehen, nämlich entweder auf Nachbesserung in einer Weise, die den o.g. Voraussetzungen entspricht, oder auf Kostenvorschuss für eine solche Maßnahme (wobei sie hierfür zuvor einige rechtliche Regeln beachten müssten) oder (z.B. im Falle der Unzumutbarkeit weiterer Mängelbeseitigungsmaßnahmen) ein Anspruch auf Baupreisminderung. Diese finanziellen Ansprüche könnten Sie u.U. realisieren, in dem Sie die Gewährleistungs-Bürgschaft in Anspruch nehmen.
    Wenn der AN sich weigert und Sie selbst derzeit in Vorleistung treten, sollten Sie schnellstens die rechtlichen Weichen stellen, um die Bürgschaft in Anspruch zu nehmen. Bevor Sie Mängel selbst beseitigen, müssen Sie dem AN Fristen setzen, ggf. mit Ablehnungsandrohung. Ein weiterer Punkt: Besonders bei gravierenden Mängeln müssen Sie zuvor prozessicher Beweise sichern, am besten geht das natürlich durch eine gerichtliches selbständiges Beweisverfahren. Sonst vernichten Sie Ihre eigenen Beweise.
    Eine "Verlängerung" der Gewährleistungsbürgschaft ist so nicht ohne weiteres möglich. Wenn es noch andere Streitpunkte gibt, ist es auch nicht immer ratsam, noch weitere Jahre zu warten, denn Sie tragen, falls die Bürgschaft nicht reicht, bis dahin das Insolvenzrisiko des AN.
    Ralf

  2. Ich bin beeindruckt ...

    Ich bin beeindruckt hier spricht ein RA. Erst mal vielen Dank für die ausführlichen Infos. Ich versuche mal hier einige Nachfragen zu beantworten:
    1,- Die Abnahme (= Beginn der Gewährleistung) war vor 2 Jahren und schon jetzt steht die Rückgabe einer unbefristeten Gewährleistungsbürgschaft an? Welche Gewährleistungsfrist wurde vereinbart?
    Vertrag vom Architekt formuliert = "Bauleistungsauftrag" Gewährleistung wie folgt "Es werden 5 Jahre Gewährleistung nach BGBAbk. vereinbart. 5 % der Vertragssumme (brutto) wird für zwei Jahre einbehalten. Es kann eine Bankbürgschaft gestellt werden". Daraufhin wurde von zwei Jahren diese unbefristete Bürgschaft ausgestellt.
    2,- Wer beseitig derzeit diesen Mangel, Sie, oder doch der Auftragnehmer?
    Weder noch, der Architekt versucht dies mit eigenen, anderen Auftragnehmern.
    3,- Um was für einen Mangel handelt es sich denn, der derzeit beseitigt wird? Wie wird er beseitigt? Welche späteren Folgeschäden befürchten Sie?
    Es handelt sich um eine schwerwiegende Beschädigung des Außenmauerwerks am unteren Putzabschluss kurz unterhalb Geländeoberkante. Es besteht die Gefahr, dass Feuchtigkeit in das Mauerwerk eindringt und den Sockelputz hinterwandert. Architektenseitig wurde vor ca. 2-3 Wochen (!) versucht mit dritten AN'ern den Mangel zu beheben. Sowohl die Methode als auch die Verträglichkeit der verwendeten Materialien wurden weder schriftlich bestätigt noch herstellerseitig bescheinigt. Kurzum: Die Sockelabdichtung ist fragwürdig. Bedenken bezüglich der späteren Folgeschäden sind damit hoffentlich klarer.
    4,- Welche Mängel und streitgen Forderungen gibt es sonst noch?
    Risse beim Innen- / Außenputz (Innenputz, Außenputz) rund um die Treppenhausfenster. Weiterhin nicht ausgeführte, vertraglich vereinbarte Leistung = Wand hinter späterem Trockenbau im DGAbk. nicht verputzt => Winddichtigkeit des DG's in Frage gestellt zumal dies schon durch einen BDT bescheinigt wurde.
    5,- Haben Sie mit dem Architekten, der die Mängelbeseitigung offenbar überwacht, einen Vertrag über diese Leistung? Hält er diese Mängelbeseitigung für in Ordnung oder ist es der Architekt, der die von Ihnen genannten Folgeschäden befürchtet?
    Architekt hat Bauleitung gehabt und LPAbk. 9 hat er auch noch unterschrieben. Dieser Architekt hält die Mängelbeseitigung bestimmt für in Ordnung. Die fachliche Kompetenz steht äußerst zu bezweifeln, wird mir doch die bauchemische Verträglichkeit zur Sanierung verwendeter Materialien vor Ort mündlich bestätigt, von den Herstellern aber barsch zurückgewiesen und abgelehnt. Damit bin ich derjenige, der um seinen Bau fürchtet.
    6,- Um was für eine Bürgschaft handelt es sich genau? Bürgschaft auf erstes Anfordern? Wieviel Prozent der Gesamtbaukosten? Reicht sie der Höhe nach aus, um auf jeden Fall alle sonstigen Mängel und etwaigen Folgeschäden abzudecken? Falls nicht, sollten Sie unbedingt möglichst bald durch einen unabhängigen Sachverständigen klären lassen, was es mit der Mängelbeseitigungsmaßnahme auf sich hat und ob die übrigen Mängel tatsächlich welche sind, oder nicht.
    Oops, bei Bürgschaften kenne ich mich weniger aus. Daher schnell mal den Originaltext hier zitiert:
    "Art der Arbeiten: Verputzarbeiten
    Darin wurde eine Sicherheitsleistung vereinbart für
    1. Art: Gewährleistung gemäß VOBAbk., Teil B § 3 für bereits fertiggestellte uönd ohne Beanstandung und Auflagen abgenommene Arbeiten.
    2. Summe ...
    Bürgschaftserklärung:
    Die unterzeichnende Gesellschaft übernimmt für den Auftragnehmer  -  unter der Voraussetzung, dass er gegenüber dem genannten Auftraggeber zur Erbringung einer Werkleistung verpflichtet ist  -  im Rahmen vorstehender Angaben die selbstschuldnerische Bürgschaft zugunsten des Auftraggebers. Sie verzichtet auf die Einreden der Anfechtbarkeit und der Aufrechenbarkeit gemäß § 770 BGB sowie der Einrede der Vorausklage gem. § 771 BGB. Die Bürgschaft tritt erst in Kraft, wenn der Sicherheitseinbehalt beim Auftragnehmer eingegangen ist. Diese Bürgschaft ist unbefristet und erlischt mit der Rückgabe an die R+V.
    Zu Ihren Schlussbemerkungen:
    Aufforderung zur Mängelbeseitigung fand nachweisbar mehrfach statt. Ebenso die Androhung der Ablehnung und Ersatzvornahme. Das hat noch kein Jurist formuliert aber ich glaube, dass textlich alles korrekt war.
    Ob die Arbeiten nach den anerkannten Regeln der Technik für die Beseitigung des schwerwiegenden o.g. Mangels ausgeführt wurden dürfte schwer zu beurteilen sein. Ebenso objektiv Haltbarkeit und Gefahr. Der Architekt hat vor einem Jahr behauptet zu wissen wie die Sockelsanierung durchzuführen ist. Der Verlauf hat aber aktuell gezeigt, dass er sich nur auf Hören-Sagen verlassen hat.
    Die Beweise sind zumindest von einem privat beauftragen öbuvSVAbk. gesichert worden. Die Sachlage ist eindeutig.
    Nun zu meinen Schlussbemerkungen: Was soll man, was muss man mit einem AN'er machen, der versucht, seine Forderungen beim BH'en einzutreiben, sich aber trotz nachweisbarer Kommunikation weigert, an der Mängelbeseitigung teilzuhaben. Was soll man, was muss man mit einem Architekten machen, der zwar behauptet, sich dafür einzusetzen, aber von Tuten und Blasen keine Ahnung hat und in jedem zweiten Satz beleidigt? Was soll man, was muss man mit beiden machen wenn man immer wieder in Hoffnung versetzt wird, letztlich aber doch alles nur miese Salamitaktik ist?
    Vielen Dank für Ihre Geduld und viele Grüße, Thomas
    PS: Das ist sicher das längste Posting hier im Forum. Sorry, aber das musste jetzt sein. Bauen kann die Hölle sein.
  3. Zeitpunkt der Rückgabe unklar

    Wann beginnt denn nun die Frist?
    • Abnahme des Gewerks  -  ca. Ende Juli 2003,
    • Datum der Bürgschaft  -  09.02.2004,
    • Eingang der Sicherheitsleistung  -  Überweisungstag,

    Die Rückgabe müsste dann ab wann plus die vereinbarten 2 Jahre erfolgen?
    Ist in solchen Fällen nicht sowas wie ein "Faustpfand" durchsetzbar?
    Grüße nochmal, Thomas

  4. Noch was ...

    Noch was da wir uns ja schon auf juristischem Terrain befinden:
    VOBAbk./B 2002 wurde neben BGBAbk.-Gewährleistung vereinbart. Ausgehändigt oder erläutert wurde die zu keinem Zeitpunkt.
    Grüße, Thomas
  5. Gewährleistungsbürgschaft und Baumängel

    Foto von Ralf Wortmann

    Hallo, Thomas!
    Die Gewährleistung beträgt trotz der (eventuell ohnehin unwirksamen) Vereinbarung der VOBAbk./B 5 Jahre nach BGBAbk..
    Im Rechtsverhältnis zum Bürgen haben Sie zwar offenbar eine unbefristete Bürgschaft, aber im Verhältnis zum AN ist diese (je nach Vertragsauslegung: wenn überhaupt) auf 2 Jahre befristet, beginnend ab der Abnahme. Der AN kann also nach Ablauf der 2- Jahresfrist die Herausgabe der Bürgschaft verlangen. Wenn man dieser Auslegung folgt, könnte er dies also bereits ab Ende Juli 2005 verlangen. Alternative, aber mit Prozessrisiken behaftete Auslegung: nur der reale Sicherheitseinbehalt sollte vertraglich auf 2 Jahre befristet sein, nicht auch die Bankbürgschaft.
    Der vom Architekt entworfenen Vertragstext ist sehr unprofessionell. Es wurde nicht einmal erwähnt, wofür denn 5 % der Vertragssumme einbehalten werden darf. Den Zweck "Gewährleistungssicherheit" muss man sich im Wege der Vertragsauslegung hinzudenken.
    Sie scheinen bereits Gutachten über die Mängel vorliegen zu haben. Sie sollten der R+V schreiben (Einwurfeinschreiben) und möglichst unter Bezugnahme auf alle Mängel, mithin auch die, die der Architekt derzeit nicht zu beseitigen versucht, die Bürgschaftssumme raschestmöglich abfordern. Zweckangabe vorerst: "Kostenvorschuss zur Mängelbeseitigung". Setzen Sie zur Auszahlung der Summe eine 2-Wochen-Frist mit genauem Datum und geben Sie ihre Kontonummer an. Dann abwarten, was passiert. Nach Ablauf der 2 Wochen nachhaken bei der R+V. Einen Anspruch auf eine Verlängerung der mit dem AN (ggf.) vereinbarten Bürgschaftsfrist haben Sie m.E. nicht.
    Das Problem mit dem Architekt ist auch nicht ohne. Sie sollten einen auf privates Baurecht und Architektenrecht spezialisierten Anwalt in der Nähe Ihres Wohnortes einschalten, der das BVAbk. auch mal persönlich anschauen kann. Seit Mai 2005 ist das Profil des Fachanwaltes für Bau- und Architektenrecht (Baurecht, Architektenrecht) eingeführt worden. Die meisten interessierten Anwälte absolvieren aber derzeit erst noch ihre Fachanwaltslehrgänge. Sie können auch bei Ihrer Rechtsanwaltskammer (

    Schöne Grüße nach Hessen und Kopf hoch,
    Ralf

  6. Vielen Dank

    Hallo Herr Wortmann,
    vielen Dank für Ihre Hinweise und dass Sie wahrscheinlich meinen Roman gelesen haben ;-) Ich werde in jedem Fall einen Fachanwalt aufsuchen.
    Viele Grüße, Thomas

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