Erklärung Bypassfunktion
BAU-Forum: Heizung / Warmwasser

Erklärung Bypassfunktion

Hallo!
Ich habe nun schon seitenweise über Bypass gelesen, aber die genaue Funktion ist mir noch immer nicht ganz klar.
Ein Bypass wird unmittelbar vor der Umwälzpumpe installiert und ist mit einem Handrad regelbar. Es soll einen zu hohen Pumpendruck bei geschlossenen Heizkörperventilen verhindern. Gut, soweit habe ich es verstanden.
Man denke sich jetzt den Strömungsverlauf von der Umwälzpumpe bis zum letzten Heizkörper ... wo entsteht hier ein Kreislauf, wenn alle Ventile geschlossen sind? VL und RL sind ja am letzten Heizkörper nicht verbunden?
Meine 2. Frage ist: Was soll man am Handrad des Bypass einstellen? Es sollte doch immer ganz offen stehen oder nicht?
Ich bitte um Erklärung und verbleibe mit freundlich Grüßen aus Österreich!
  • Name:
  • lausa28
  1. Wasser ist wie der Mensch -

    es sucht sich immer den Weg des geringsten Widerstandes ... Wird der Widerstand unendlich hoch, geht was kaputt  -  auch beim Menschen.
    Die grundsätzlichen Gegebenheiten in einem Heizsystem haben Sie ja verstanden. Jetzt noch ein wenig mehr:
    Im Gegensatz zu einer Wasserpumpe, welche das Wasser in einer Rohrleitung weiter fördert, bis es irgendwann frei ausläuft (bei Atmosphärendruck), haben wir bei einem "normalen" Heizsystem einen geschlossenen Kreislauf, in dem an jeder Stelle der gleiche, geringe Überdruck herrscht (z.B. 1,5 bar). Die Heizungspumpe in diesem Kreislauf muss deshalb nur den Wassertropfen an ihrem Ausgang (oben) anstoßen, der ihr schon bald wieder am Eingang (unten) herreinkommt. Es sind also nur diese Widerstände, die dem Wassertropfen auf seinem Weg rund im Kreislauf begegnen, die die Pumpe überwinden muss, damit der Wassertropfen auch wieder bei ihr ankommt. Diese Widerstände sind eigentlich recht gering; bestehen sie erstmal nur aus der Reibung des Wassertorpfens an der Rohrwandung, aus Richtungswechseln und Abzweigen. Weil die Widerstände in dem System einen Teil des vorhandenen Pumpendrucks aufbrauchen, hat die Pumpe auf Ihrer Ausgangsseite einen höheren Druck als auf Ihrer Eingangsseite. Was dabei als Unterschied herauskommt, nennt man Druckdifferenz.
    Nun komme ich zum Eingangssatz zurück. Ich Stelle mir vor, Ihr Heizsystem hätte zwei Heizkörper; bei einem wäre das Ventil 1/3 geöffnet, bei dem anderen aber 2/3. Wie würde das Wasser fließen? Natürlich am liebsten nur durch das weiter geöffnete Ventil, weil dort weniger Widerstand zu erwarten ist. Damit das Wasser aber auch durch das enger geöffnete Ventil fließt, muss die Pumpe wesentlich mehr von dem ihr zur Verfügung stehenden Differenzdruck abgeben. Würden Sie nun hingehen und beide Ventile schließen, hätte die Pumpe all ihren Differenzdruck zur Verfügung und wüsste aber nicht mehr, wohin damit. Sie würde "im eigenen Saft" drehen, würde wärmer und u.U. nach längerer Zeit auch zerstört werden können.
    Damit dieses nicht passiert, wird nach der Druckseite der Pumpe ein Bypass eingebaut, wodurch das Wasser dann strömen soll, wenn alle Heizkörperventile geschlossen sind und der Differenzdruck "unendlich" groß wird. Um aber im Normalbetrieb der Anlage (wenn also mindestens ein Heizkörper Wärme abnimmt) nicht zu viel Wasser durch den Bypass strömen zu lassen, wird in den Bypass ein zusätzliches Ventil eingebaut: Das sog. "Differenzdruck-Überströmventil". Dieses wird von Fachmann so eingestellt, dass es gerade dann erst öffnet, wenn der Widerstand im Heizsystem höher wird, als der höchste berechnete Widerstand (z.B. des von der Pumpe am weitesten entfernten Heizkörpers). Damit wird sichergestellt, dass die Pumpe erst alle Heizkörper mit genügend Wasser versorgt und erst danach ihren überschüssigen Differenzdruck durch das Überströmventil abbauen kann. Soweit die vielleicht etwas ausholende Erklärung. Fazit für Sie: Überströmventil im Bypass richtig einstellen (lassen)!
    Und jetzt noch einen drauf: Der HYDRAULISCHE Abgleich! Ein in allen Heizungsforen und mittlerweile auch bei Förderstellen angekommenes Wort. Ein riesiges Energieeinsparpotential im Häuserbestand, wenn dieser Abgleich mal durchgeführt würde!
    Man benötigt dafür nur an jedem Heizkörper ein vor-EINSTELLBARES Ventil und Fachkenntnis über die Wärmeleistung eines jeden Heizkörpers.
    Die größten Widerstände in einem "normalen" Heizsystem sind an den Ventilen zu suchen. Ein Ventil einer bestimmten Baugröße kann eine sehr große Bandbreite von Wärmemenge hindurch lassen, z.B. von 100 bis 4.000 Watt. Das gleiche Ventil wird aber im Normalfall an allen Heizkörpern bis 4.000 Watt eingebaut, egal welche Leistung der Heizkörper wegen seiner Größe überhaupt abgeben kann. Somit zirkuliert in 90 % aller Heizungsanlagen viel zu viel Wasser, was einen immensen Stromverbrauch der Heizungspumpen zur Folge hat (und keine Effekt bringt!). Wenn ich nun hinginge und am Heizkörper ein Ventil hätte, das ich bei einem vorher festgelegten Differenzdruck (z.B. 150 mbar) exakt so einstellen könnte, das nur noch so viel Wasser hindurchfließt, wie der Heizkörper tatsächlich benötigt, würde nur noch ein Bruchteil des Wassers im gesamten System umgewälzt werden müssen. Was zur Folge hätte, dass die Pumpe kleiner dimensioniert werden könnte und dadurch auch stromsparender wäre. Und wenn ich dann noch eine elektronisch geregelte Pumpe einsetzte, die den Differenzdruck konstant hielte, würde dieses Pumpe immer langsamer, je weniger Wasser im Umlauf ist (weil fast alle Heizkörper abgeschaltet sind, nur nicht der im Wohnzimmer :-)). Sie bräuchten dann auch keinen Bypass mehr in Ihrer Anlage, weil alle Heizkörper mit dem gleichen Differenzdruck eingestellt wären und die elektronische Pumpe bei zu hohem Differenzdruck (= alle Heizkörper zu) fast stehen bliebe und kaum mehr Strom verbrauchte. Expertenberechnungen zeigen, dass durch einen flächendeckenden hydraulischen Abgleich aller Heizungsanlagen mit Einsatz elektronischer Pumpen bundesweit soviel Strom gespart werden könnte, dass mehrere Kernkraftwerke dauerhaft abgeschaltet werden könnten. Und das mit so wenig Aufwand!
    Also Kollegen, auf zum hydraulischen Abgleich.
    Mit sonnigem Gruß ... Lb
  2. Bypass auch bei Fußbodenheizung?

    VIELEN DANK Herr Lüneborg,
    für die sehr lehrreiche, ausführliche Schilderung!
    Das Überstromventil im Bypass von einem Fachmann einstellen lassen, wurde ja auch gemacht, aber nur mit "dreh' es fast ganz auf" fertig.
    Darum vertrau ich der Sache nicht ganz ...?! Macht man das so?
    Wenn man eine Fußbodenheizung an einen Radiatorenkreis wo die Temp. ja höher ist anbindet, nennt man das auch einen Bypass? Hier befindet sich die "Bypassstrecke" zwischen Regelventil mit Anlegethermostat und Umwälzpumpe und mischt eigentlich nur kaltes Wasser vom Rücklauf dazu.
    Der hydraulische Abgleich ist mir bekannt, HZ-Körperventile von Danfoss, wahrscheinlich auch andere Firmen haben so eine Voreinstellung unter dem Thermostatkopf versteckt.
    Müsste nicht bei verschiedenen Heizsystemen (wie Heizkessel und Solarheizung) auch der Rücklauf abgeglichen werden?
    Freundliche Grüße!
    • Name:
    • lausa28

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