Zahlungsmoral echt am Boden
BAU-Forum: Probleme im Mittelstand und Handwerk

Zahlungsmoral echt am Boden

Foto von Helmuth Plecker

Um mal Partei für die Unternehmer zu ergreifen, schildere ich mal folgenden Sachverhalt. Ich baue als Generalübernehmer für Bauherr ein Objekt. Zunächst wird nur ein Planungsvertrag abgeschlossen, Bauantrag wird eingereicht und dann abgerechnet. Zahlung durch Bauherren an mich erfolgt zu spät. Dann wird ein Generalübernehmer-Vertrag abgeschlossen. Mit dem Bau wird begonnen  -  zügig wird gearbeitet, dass der Bauherr selbst die lobenden Worte findet, dass der Unternehmer schnell sei. Abschlagszahlungen erfolgen bislang allesamt unpünktlich. Ich spreche Bauherr darauf an und erkläre ihm, dass die Handwerker pünktlich und gut arbeiten (wird vom Bauherren auch bestätigt!). Die nächste Rate wird tatsächlich dann auch pünktlich bezahlt. Nun folgen die nächsten Abschlagsrechnungen, die dann schon wieder unpünktlich bezahlt werden. Es handelt sich bei den Raten fast alle um Raten im sechsstelligen Bereich. Nun ziehe ich die Notbremse und Stelle die Arbeiten ein. Fordere Sicherheit vom Bauherren nach 648a BGBAbk. und warte. Bauherr antwortet prompt und erklärt, er habe bislang alle Zahlungen überpünktlich bezahlt. Außerdem solle ich mal den Ball flach halten, als ich nach einer "Sondern-Rechnung", trotz erster Zahlungserinnerung von ca. 600 € nachgefragt hatte, wo das Geld bleibt. Bauherr reitet nun die Schiene, dass ich die notierten Zahlungsziele nicht entsprechend den vertraglichen Vereinbarungen aufgeführt habe, was jedoch unstreitig falsch ist.
Hier scheint sich ein Bauherr mit bewusster Nachlässigkeit einen Spaß daraus zu machen, die Rechnungen unpünklich zu bezahlen. Auch alle anderen Absprachen hält der Bauherr nicht ein. Vertragserweiterungen über gewünschte Mehr- und Minderleistungen (Mehrleistungen, Minderleistungen) werden trotz "Mahnungen" nicht fristgerecht zurückgeschickt und auch Ort-Termine werden regelmäßig verpennt (im wahrsten Sinne des Wortes).
Um dies alles zu dokumentieren, schreibe ich mir die Finger wund. Alle diese Aufwendungen, mal abgesehen von Zins- und Skontoverlusten, (Wartezeiten auf Baustellen, Korrespondenz etc.) zahlt mir wohl keiner, oder?
Und dann fordert der Bauherr jedoch, dass ich mit meinen Arbeiten mal "hinmachen" solle, weil die von ihm beauftragten Unternehmer wohl auch arbeiten müssen.
  1. Zahlungsmoral

    Foto von Dipl.-Ing.(FH) Uwe Cerny

    Da kann ich nur zustimmen. Ich habe gerade einen "netten" Bauherrn, der trotz schriftlicher Auftragsbestätigung die Gebühren des Vermessungsamtes in Höhe von 83 € nicht bezahlen möchte. "Dies sei in der Pauschale enthalten"  -  Obwohl ich diese Kosten im Auftragsschreiben separat aufgefüht hatte.
    Was lernen wir daraus? Nächstes Mal Vorauskasse?
    Bin gespannt, ob das Schreiben vom RA zieht ...
  2. Kann man nur hoffen

    das irgendwann eine Rückbesinnung erfolgt und die Leute einsehen, dass sie weder bei mediamarkt noch bei eBay sind ... und es Dinge einfach nicht umsonst geben kann.
    Bis das eintreten wird, hilft nur ein rigoroser Umgang mit den Herrschaften ...
  3. Fortsetzung folgt ...

    Foto von Helmuth Plecker

    Fortsetzung folgt ich hatte gestern ein einstündiges Telefonat mit dem Bauherren. Nachdem ich die Notbremse gezogen habe, die Arbeiten eingestellt und eine Sicherheit nach 648a BGBAbk. gefordert habe, teilte mir der Bauherr allen ernstes mit, dass die Bürgschaft nur Schikane meinerseits sei und ich mir bewusst sein solle, welche Rennerei er jetzt hierdurch habe. Der Bauherr ist selbst Geschäftsmann und erklärt mir, dass ihm der hierdurch entstehende Ausfall keiner Bezahlen würde. Nachdem ich ihm die Rückfrage gestellt habe, wer mir die Wartezeit bezahlen würde, als ich auf seine "Bestellung" einen Ortstermin hatte und er selbst fast 40 Minuten zu spät kam, weil er, wie er sagte, eine harte Nacht hinter sich hatte, teilte er mir mit, dass es doch wohl meine Aufgabe sei, auf der Baustelle zu sein und dort mein Geld zu verdienen.
    Als weiterer Diskussionspunkt war die von mir geforderte Bürgschaft dem Grunde nach. Er fragte mich, welche Sicherheiten er denn hätte und ich antwortete ihm, dass er einen größeren Geldbetrag auf seinem Konto habe, der sich Restwerklohn nenne und im Insolvenzfalle dieses Geld für de Fertigstellung des Hauses benutzen könne. Er fragte mich, wer ihm garantieren könnte, dass er mit dem Geld in diesem Falle hinkommen werde.
    Wegen dieser Frage wollte er mir die Bürgschaft zunächst verweigern.
    Als ich dann die Gegenfrage gestellt habe, wer mir garantiere, dass seine Firma in vier Monaten noch existent ist, teilte er mir mit, ich solle ihm das mal glauben ...
    Tja, so können Bauherren sein.
    So und nun liebes RTL, RTL II, Sat1, PRO7 usw. dürft Ihr gerne mal berichten ...
  4. ist leider so

    Foto von Stefan Ibold

    Moin,
    Beispiel aus meiner eigenen leidvollen Erfahrung:
    Ich werde angesprochen, ob ich mir mal das Gebäude des Vaters eines Vereinsmitglieds ansehen könnte, da dort erhebliche energetische Sanierungen vorgenommen werden sollen.
    Dumm wie ich war sage ich zu. Man braucht ja Aufträge.
    Ich also dorthin, alles genau besprochen, Zeichnungen gemacht, Leistungstexte erstellt, mir den Kuchen der Hausfrau reingequält (isch mach gar keinen Kuchen : (), die Texte nach Wünschen des BH geändert und ergänzt, einen Fachberater eines Herstellers hinzugezogen (Ortstermin war unumgänglich), der quälte sich den Kuchen ebenfalls hinein, die LVAbk.'s komplett erstellt und dem BH übergeben, eine Kostenschätzung für die Gesamtmaßnahme beigefügt, und ein Angebot über meine Tätigkeiten, die bereits mit Sonderpreisen versehen waren und die ich für die bereits  -  wie abgesprochen  -  erbrachten Leistungen ebenfalls angesetzt habe.
    Der BH macht sich von meinen Unterlagen Kopien, schickt mir den ganzen Krempel zurück und meint, ihm käme das alles erheblich zu teuer (Ich hatte ihm im Vorfeld bereits auf die nicht unerheblichen Kosten der Maßnahme hingewiesen, da er Vorstellungen hatte, die jenseits von gut und böse waren ) und er würde weder meine LV nutzen können, da die erheblich überhöhte Massen beinhalten würden, noch meine Dienste für diese GESAMTSUMME der fertigen Arbeiten. Er interprätierte die Kostenschätzung in der Art, als wenn ich als Generalunternehmer fungieren würde, was nie beabsichtigt war.
    Nach mehrfachen Schriftwechsel unterbreitete ER mir ein Angebot, wonach er die Hälfte meine nunmehr gestellten Rechnung zahlen wolle, sozusagen als Großzügigkeit, denn ich hätte ja lediglich Akquise betrieben und die wäre ja entgeltlos.
    Die Quotenrichterin hat es leider nicht kapiert, hat aber immerhin etwas Geld draufgelegt.
    Helmuth, mach alles, aber auch wirklich alles schriftlich und eindeutig!
    Dieser BH wusste genau was er tat. Der ist in leitener Position eines Großbetriebes, die mit fast ähnlichen Dingen ständig zu tun haben.
    Ich hatte Aufgrund des Bekanntschaftsverhältnisses nicht mit einer solchen Schweinerei gerechnet.
    Grüße
    stefan
  5. was vergessen

    Foto von Stefan Ibold

    Dieser BH hat dann meine Zeichnungen und Texte weitergegeben, bzw. genutzt, um mit einem Dritten die Sanierungsmaßnahme zu beauftragen.
  6. Schlechte Zahlungsmoral

    Ich als Bauherr sehe es aus meinem Blickwinkel ganz anders. Es gibt eine kreative Rechnungsschreibung bei den Handwerkern. z.B. im Trockenbau wurde im Aufmaß ein Raum doppel berechnet. Beim Innenputz zahlreiche nie aufgeführte Positionen verrechnet und die Massen nach oben frisiert. Im Gegensatz zu den Bauherrn wissen die beteiligten Handwerker Aufgrund ihrer Erfahrung aber in der Regel, wann das falsche Spiel aus ist und man alles als Versehen abtun muss, damit kein Betrugsfall daraus wird.
    • Name:
    • Herr Baumann
  7. Wenn das aber ...

    Wenn das aber schon unter guten Bekannten aus dem Verein so Link läuft, ist es doch ein feines und eindeutiges Zeichen, dass wir in eine falsche Richtung steuern, oder gesteuert werden?
    Leidtragende sind wie immer: die guten und ehrlichen  -  egal ob Bauherr oder Handwerker.
    Passiert leider immer wieder, da kann man sich gar nicht gegen schützen.
  8. @ Hr. Baumann

    Foto von Martin G. Halbinger

    Dass manche Handwerker bei einzelnen Maßen etwas "aufrunden" kommt vor. Oft ist diese Praxis aber rechtmäßig (z.B. Übermessen der Fenster nach VOBAbk.).
    Ebenso sind manchmal Vorarbeiten oder zusätzliche Leistungen erforderlich um eine fachgerechte Leistung zu abgeben zu können. Und viele dieser "Zusatzleistungen" ist nach VOB nicht Nebenleistung und somit separat zu vergüten.
    Aus diesem Grund wird ja immer die Erstellung eines LVs / die Rechnungsprüfung durch einen unabhängingen Fachmann (z.B. Architekt) angeraten. Für jedes Gewerk gibt es eigene Abrechnungsregeln die vor allen in Grenzsituationen ein umfangreiches Fachwissen erfordern.
    PS: Die Aufmaßregeln der VOB gelten z.T. auch, wenn Sie nicht explizit vereinbart sind.

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