Fluatierung Kristallisierung Betonwerkstein und Naturstein
BAU-Forum: Bauwissen von Herbert Fahrenkrog

Fluatierung Kristallisierung Betonwerkstein und Naturstein

Foto von Herbert Fahrenkrog

Fluatierung wird oft als Möglichkeit betrachtet ein paar € mehr zu verdienen. Der Magna Beratungsservice, der auch oft zur Unterstützung bei Schadensfällen der Magnakunden angefragt wird möchte dazu beitragen, dass etwas mehr Klarheit in dem Begriff "Fluatierung" kommt. Zu oft haben wir im letzten Jahr gut verlegte Bodenbeläge gesehen, die durch "gut gemeinte" Nachbehandlungen direkt zum Sanierungsfall wurden. Fast immer auf Kosten unserer Kunden.

0) Was bedeutet eigentlich "Fluat"?

Der Begriff "Fluat" leitet sich von Fluor  -  Silikat ab. Lt. Chemie  -  Lexikon werden damit die Salze der Fluorkieselsäure bezeichnet. Sie sind giftig, wie die eigentliche Fluorkieselsäure.

Was wird unter dem Begriff alles verkauft?

Unter diesem Begriff werden allerlei Chemikalien verkauft mit unterschiedlichsen Inhaltsstoffen und Wirkweisen.

Die bekanntesten sind:

1. Kristallisierung

Als Fluatierung wurde früher eine Behandlung von Betonoberflächen mit Fluor  -  Silikaten bezeichnet, die heute auch noch als sog. Kristallisation bekannt ist. Mit Hilfe des Kristallisationsverfahrens wird bei einem vorgeschliffenem Betonwerkstein, Kalksteinbelag oder calcitischem Marmorbelag eine in der Regel geschlossenere, härtere und glänzendere Oberfläche durch eine chemische Reaktion zwischen dem Kristallisationsmittel und dem Gestein erzeugt. Die erzielbare Schichtdicke ist je nach Gestein und Sorgfalt stark unterschiedlich. Dies erfolgt in Kombination mit einem maschinellen Poliervorgang mit speziellen Pads . Dabei reagieren die wasserlöslichen Fluorsilicate des Kristallisationsmittels mit den Calcium-Mineralen des Marmors. Es bilden sich wasserunlösliche Magnesium-, Calciumfluoride und Kieselsäure nach der Reaktionsgleichung:

MgSiF6 + 2 CaCO3 => MgF2 + 2CaF2 + SiO2 + 2CO2

Die in der Fußbodenkonstruktion durch die Verlegung enthaltene Restfeuchtigkeit aus der Bauphase und die darin gelösten Stoffe können, wenn überhaupt, in nur sehr geringen Mengen verdunsten und die verbleibenden Stoffe können Schäden hervorrufen. Deshalb ist unbedingt ein Messprotokoll über die vorhandene Restfeuchte vor einer Kristallisierung (CM) zu erstellen. Um späteren Schadensforderungen entgegenzutreten ist die schriftliche Aussage des Chemielieferanten, ab welchem CM -Wert eine Kristallisierung mit seinem Mittel durchgeführt werden darf beizulegen.

Bei Hartgesteinen, die keinen Kalkanteil besitzen, wie z.B. Granit, ist diese Methode wirkungslos.

Dolomitmarmore (Ariston, Anais) oder Dolomite (Wachenfelder) sind i.d.R. nicht homogen kristallisierbar, da nur die calcitischen Bestandteile Raktionen zeigen.

Sogenannte Fachleute behaupten immer mal wieder, das ein Granit kristallisierbar ist. Nachfragen ergaben das "Belgisch Granit" bearbeitet wurde. Ihnen war entgangen, das dieses Material eigentlich ein falsch bezeichneter Kalkstein ist, den die Belgier mit Petit Granit (kleiner Granit) bezeichnen.

Die Frage nach der Haltbarkeit ist ein immer wieder aufkommendes Thema.

In privaten Räumen ist eine Lebensdauer von 5 Jahren durchaus möglich. Bei gewerblichen Bereichen sollte man unterscheiden zwischen geringer, mittlerer und hoher Belastung. Die exklusive Modeboutique ist wie ein Privathaushalt anzusehen. Zu den am höchsten belasteten Bereichen zählen Ladenlokale, die an einen Lebensmitteldiscounter vermietet werden oder Kantinen. Dort kann es durchaus möglich sein, dass die Kristallisierung bereits nach 2 Wochen erste "Laufspuren" zeigt.

Nicht abgenutzte Flächen sollten in der Unterhaltsreinigung mit einem rückstandsfreien Alkoholreiniger gereinigt werden. Mittel, die Pflegekomponenten für unbehandelte Oberflächenenthalten, können auf einer derart veränderten Oberfläche zu Schlieren und unsauberer Optik führen. Der klassische Seifenreiniger aus dem Gebäudereinigerhandwerk wirkt nicht mehr richtig. Es kann nach einer Kristallisierung die werkseitige eingestellte Rutschsicherheit nicht mehr garantiert werden. Eine Gleitreibmessung berechtigt nicht zu Aussage "Der Boden hat R9"

2. Nass-Fluatierung / Nasskristallisierung

Das ein alter Hut mit neuem Namen wieder auftaucht ist an der immer populärer werdenden Nass-Fluatierung zu sehen.

Statt mit einem Fluorsilikat wird i.d.R. "Kleesalz" als Poliermittel benutzt. Dieses bereits in früher Zeit als Poliermittel benutzte "Salz" macht salopp gesagt einen Calcium / Kalium Austausch an der Oberfläche der Steine. Basis ist ein Gemisch aus Kaliummonooxalat bzw. Kaliumtetraoxalat. Es ist ein feinkristallines farbloses Pulver, das sich in Wasser auflöst. Betonwerk- oder Natursteine (Betonwerksteine, Natursteine) werden mit Kleesalz poliert, indem das Polierpulver auf den feucht gemachten Stein oder Polierfilz aufgetragen wird. Kleesalz ist stark ätzend und toxisch. Es wir heute wieder als "Superneu" auch unter dem Begriff Nasskristallisierung verkauft.

Inhomogenitäten tauchen sehr schnell in höher belasteten Bereichen auf und bilden einen unterschiedlichen optischen Eindruck, sprich die Laufstraßenbildung kann auch nicht verhindert werden. Auch hier wird die werkseitige eingestellte Rutschsicherheit beeinflusst.

Ist die Restfeuchte innerhalb der Konstruktion zu hoch, bzw. der Mörtel noch nicht abgebunden, so kann es durchaus zu Abplatzungen an den Fugen und dem Belagsmaterial kommen. Bei etwas ausgewascheneren Fugen kann sich Kleesalz absetzen und dann an der Oberfläche der Fugen zu Ablösungen oder Farbveränderungen führen. Wird nicht ordentlich nachgespült kann trocknendes Polierpulver wieder zu Säureflecken führen.

3. Wachsfluat

Da die Verwendung der vorher aufgeführten Verfahren einen entsprechenden Aufwand bedeutete, kam man auf die Idee, Wachse mit Lösemitteln zu vermischen und das unter dem irreführenden Namen "Wachs  -  Fluat" zu verkaufen. Dieses Gemisch soll Pflegeleichtigkeit suggerieren.

Wenn man niemals reinigt, bleibt das Wachs ewig im Stein. Bei einer alkalischen Reinigung werden die Wachse langsam wieder entfernt. Auch bei Verwendung von Alkoholreingern, mit entsprechender Mechanik kann auf Dauer das Wachs wieder teilweise entfernt werden.

Frisch gewachste Bodenbeläge sehen nach der Aufpolierung recht gut aus. Meistens sind aber an der Oberfläche Wachsreste verblieben, die zu einer hohen Verstrichung führen können. Eine Reinigung ist relativ schwierig zu prognostizieren, da je nach Wachs und Intensität unterschiedlichste Nebeneffekte auftreten können. Hier gilt "probieren geht über studieren". Manchmal hilft Übergangsweise ein alkalischer Reiniger um die Wachse zu eleminieren, um danach auf Seifenreiniger oder Automatenpflegemittel zurückgreifen zu können. Die Beständigkeit des Betonwerkstein oder des Natursteins gegen die Verlegechemikalien kann eingeschränkt sein und zu teuren Schäden führen. Alternativ können Wachsentferner auf Orangenterpenbasis genutzt werden. Beispielsweise Neomat BMR von Henkel  -  Ecolab.

Wachsfluate können die Carbonatisierung an der Oberfläche verhindern oder indirekt zu einem Verlust der Abriebfestigkeit führen, da die im Boden vorhandene Restfeuchte incl. der gelösten Chemikalien nicht mehr austreten kann

Die eingestellte Rutschsicherheit geht i.d.R. verloren. Da die verwendeten Lösemittel oft eine Gefährdung darstellen, sind die Wachsfluate i.d.R. anmeldepflichtig beim Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinator (Sicherheitskoordinator, Gesundheitsschutzkoordinator) (SiGeKo) (Sicherheits- und Gesundheitskoordinator (Sicherheitskoordinator, Gesundheitskoordinator)) nach Baustellenverordnung. Ebenso ist die Berufsgenossenschaftliche Vorschrift (BGV D025) unbedingt zu beachten. Inwieweit und wie lange Lösemittelreste die Umluft kontaminieren können, ist ebenfalls mit dem Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinator (Sicherheitskoordinator, Gesundheitsschutzkoordinator) (SiGeKo) abzuklären.

Durch Wachse kann die Oberfläche fast abgedichtet werden. Durch Feuchte aus der Belagskonstruktion kann das Wachs an der schwächsten Stelle (Fugen) wieder herausgedrückt werden und abmehlen. Bei nicht abgeschlossener Hydratation ist eine Verringerung der Mörtelfestigkeit möglich. Durch die verwendeten Lösemittel sind Elastizitätzrückgänge möglich, da die eingesetzten Polymere zerstört werden können.

4. Härtefluat

Härtefluate sind weitere Chemikalien, die mit Fluor  -  Silikaten nicht zu tun haben.

Salopp ausgedrückt sind die oft verwendeten Kaliumsilikate (Wasserglas) reine Porenfüller auf mineralischer Basis. Der Begriff "Härtefluat" ist irreführend und nicht korrekt. Durch die mineraliengefüllten Porenräume ändert sich die Abriebfestigkeit nicht aber die Härte. Die Verkettungen können dabei die Feinbestandteile vor einer Abmeldung schützen.

Die Dauerhaftigkeit hängt von der Eindringtiefe und der Abriebfestigkeit des Betonwerkstein ab.

Man kann davon ausgehen, dass ein Betonwerkstein, der mit einem Kaliumsilikat behandelt wurde, wie ein normaler Betonwerkstein gereinigt werden kann.

Bei einigen heute verwendeten Betonwerkstein ist die Eindringtiefe manchmal sehr klein und der Nutzeffekt sehr fraglich. Unter Umständen können Alkali -Kieselsäurereaktionen (AKR) entstehen, die zu einer Zerstörung der Matrix führen können. Ursache dafür sind chemische Quellvorgänge.

Die Elastizität der Fugenmaterialien kann im Bereich der Oberfläche herabgesetzt werden.

Zusammenfassung

Fluatierungen und deren Namensverwandten sind i.d.R. ein tiefer Eingriff in die chemischen / physikalischen Eigenschaften eines Materials. Ein Hersteller kann dadurch einen Haftungsausschluss erreichen, da er die Vorgänge nicht kontrollieren kann. Vor Verwendung von solchen "Fluaten" ist es sicherer, sich die Freigabe beim Hersteller der Chemikalien und / oder der Bodenplatten schriftlich geben zu lassen incl. der "objektbezogenen Verarbeitungsvorschrift". Bei fehlender Freigabe bleibt dem ausführenden Unternehmen immer noch die Möglichkeit Bedenken gegenüber seinem Auftraggeber anzumelden. Da nicht jeder mit der Prozedur nach VOL vertraut ist, kann es manchmal lohnender sein, seinen Anwalt vor einem potentiellem Risiko zu konsultieren.

Natürlich sind alle Angaben wie immer ohne Gewähr und nur der eigene Erfahrungssachstand.

Konfuzius sprach: "Wenn man seine ganze Kraft auf das Studium von Irrlehren verwendet, so kann das großen Schaden anrichten. "


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