Kann der Standsicherheitsnachweis / Erklärung des Statikers zurück genommen werden?
BAU-Forum: Bauplanung / Baugenehmigung

Kann der Standsicherheitsnachweis / Erklärung des Statikers zurück genommen werden?

Guten Tag,

unsere am 29.05.19 erteile Baufreigabe für den Umbau (Nutzungsänderung) eines Lokals zu einer Wohnung in einem Mehrfamilienhaus (in Baden-Württemberg) wurde gleich am 01.06. wieder entzogen, weil unser Architekt seine Bauleiterfunktion zurückgezogen hat.

Er begründet das beim Bauamt damit, wir hätten schon vor Baugenehmigung mit den Arbeiten begonnen. Das trifft insofern zu, dass wir nicht genehmigungspflichte Arbeiten (alte Fliesen und andere Wandbelege entfernen und auch eine nicht tragende Wand (Rigips) entfernen) vorgenommen haben. Dies aber mit Kenntnis und teilweise sogar auf Empfehlung des Architekten.

Nun hat der Architekt uns per E-Mail darüber hinaus mitgeteilt, dass der Statiker, der mit dem Standsicherheitsnachweis im Bauantrag bescheinigt hat, dass unser Bauvorhaben keiner bautechnischen Prüfung bedarf, seine Erklärung gegenüber dem Bauamt auch zurück nehmen wird. Wir uns also auch noch einen neuen Statiker suchen müssten. Kann das der Statiker so einfach?

Wir haben Grund zur Annahme, dass der Statiker nie vor Ort war und diese Bescheinigung ohne Prüfung erfolgte. Ebenfalls hat der Architekt auf Verlangen des Bauamtes auf Bauvorlagen für alle Geschosse des Gebäudes diese nicht erstellt/beschafft und vorgelegt, sondern erklärt, der geplante Abbruch beträfe nur nicht tragende Wände.

Uns gegenüber hat er aber eine Wand, für die eine Erweiterung/Verbreiterung vorgesehen war, als eine tragende erklärt (nur mündlich) und unsere Frage zu einer zweiten Wand, die wir abreisen wollten (und die im Plan des Bauantrags auch für den Abriss vorgesehen ist) als noch durch den Statiker zu klären. Diese Klärung hat trotz mehrfacher Nachfrage von uns nie stattgefunden.

Für uns stellen sich nun die Fragen: kann der Statiker seine Bescheinigung einfach zurückziehen? Brauchen wir nochmals einen Standsicherheitsnachweis für das Amt?

Da wir auf jeden Fall noch prüfen lassen ob die genannten 2 Wände tragend oder nicht tragen sind, und natürlich auch dafür nochmals zahlen müssen, fragen wir uns, ob wir diese Mehrkosten nicht dem Architekten in Rechnung stellen dürfen (bzw. mit der noch nicht gezahlten 2 Abschlagszahlung verrechnen können). Hätte er nicht prüfen lassen und uns die Frage zu den Wänden beantworten müssen? (Wir hatten zunächst nur das Stellen des Bauantrags bis zu Genehmigung beauftragt).

Wenn ein neuer Bauleiter (Architekt/Statiker) nun gefunden werden kann, kann dann die Baugenehmigung nahtlos wieder erteilt werden, oder muss das wieder langwierig beantragt werden?

Vielen Dank für das Lesen des doch langen Textes und die Hilfe bei der Klärung diese Fragen.

Wir sind im Moment ziemlich ratlos!

  • Name:
  • Joy
  1. Klären Sie das doch mit dem Amt

    wenn Sie sofort einen neuen BL nachmelden, dann sollte doch wohl alles weiter funktionieren.

    2 Abschlagsrechnungen nicht bezahlt? Warum nicht? War das der eigentliche Grund für den Ausstieg des Architekten?

  2. was geht da ab?

    Einiges kann nicht sein, oder wer hat welche Regeln gebrochen oder Vertrauen verspielt? Mit scheint, dass nicht alle Fakten genannt sind oder der Fragesteller erwartet durch eine unvollständige Darstellung eine bestimmte Antwort um diese gegen jemanden zu verwenden. Also erst alle Fakten auf den Tisch und Nebenschauplätze nennen.
  3. Weitere Details

    Guten Morgen,

    danke für die bisherigen Antworten. Ja, der Sachverhalt ist etwas kompliziert.

    Die 1. Abschlagszahlung (6/7 der Pauschalsumme) war fällig nach vollständigem Einreichen des Bauantrags und wurde bezahlt. Die 2. Abschlagszahlung (1/7) wurde nach Genehmigung des Bauantrag berechnet und ist 8 Tage später fällig (also erst Ende dieser Woche). Daran liegt es nicht.

    Gegenüber dem Bauamt begründet der Architekt die Rücknahme des Bauleiteramts damit, dass es Unstimmigkeiten bezüglich des vertraglichen Vereinbarungen und Ausführung gegeben habe und dass wir mit der Ausführung des Bauvorhabens schon vor Erteilung der Genehmigung begonnen hätten. Dies trifft aber nur insofern zu, als dass wir Arbeiten vorgenommen haben, die uns vom Architekten als erlaubt, weil Genehmigungsfrei beschrieben wurden (Wandbelege und alte Sanitärobjekte entfernen, eine nicht tragende Mauer entfernen). Den Architekten haben wir über jede unsere Aktikonen unterrichtet.

    Uns hat er die Übernahme des Bauleiters aufgekündigt, als wir zum Wiederholen mal um Auskunft zu einer Wand gebeten haben, die wir entfernen wollen (so auch im Bauplan vom Architekten als zu entfernen eingezeichnet). Gegenüber dem Bauamt hat er alle Wände, die zum Abriss eingezeichnet waren, als nichttragend beschrieben. Uns gegenüber später aber gesagt, er sei sich bei der besagten Wand nicht sicher. Er müsse das mit dem Statiker klären. Auf diese Klärung haben wir 5 Wochen (mit regelmäßigen Nachfragen) gewartet. Wir haben auch, mit Wissen und dem Einverständnis des Architekten, direkt bei Statiker angerufen. Er war aber nie direkt zu erreichen und der versprochene Rückruf erfolgte nie. Die Ehefrau (und Mitarbeiterin) des Statikers, die wir am Telefon hatten, fragte bei uns allerdings nach, ob denn Ihr Mann überhaupt auf der Baustelle war und die Wand begutachtet habe. Insofern vermuten wir, dass die Standsicherheitsprüfung nie stattgefunden. Ansonsten wäre es ja auch ein Leichtes gewesen uns die gewünschte Auskunft zu Wand zu geben.

    Meine Frage ist eben jetzt, ob ein einmal abgegebener Standsicherheitsnachweis einfach widerrufen werden kann, wenn sich an den Örtlichkeiten, sprich den für den Abriss vorgesehenen Wänden nichts geändert hat? Die Standsicherheitsprüfung gehört doch zum Erstellen des Bauantrags dazu, oder? Ist dann meine Schlussfolgerung, dass ohne echte Standsicherheitsprüfung der Auftrag des Architekten (den wir ja schon zu 6/7 bezahlt haben) nicht vollständig erbracht wurde, korrekt?

    Ich erhoffe mir hier nur eine Einschätzung Aufgrund Ihrer Erfahrung. Da ich mit Bau und Baurecht bisher überhaupt nie etwas zu tun hatte, habe ich mich auf die Informationen des Architekten vollkommen verlassen. Das war wohl ein großer Fehler.

    Besten Dank vorab für Ihre Einschätzung.

  4. Eine Frage der Haftung und eine Frage der Ehre

    Der Statiker will aus der Haftung raus (er will nicht schreiend aus dem Bau laufen und rufen "mir fällt gerade etwas ein". Aber der Architekt hat keine Berufsehre, er hilft nicht, sondern schädigt Sie als Auftraggeber. Die Baugenehmigung verfällt nicht, aber Sie dürfen ohne Klärung eines Statikers nicht anfangen. Wenn alles statische ohne Belang ist, brauchen Sie keinen Bauleiter, schon gar nicht für eine Umnutzung, denn die erfolgt nur auf dem Papier.
  5. Erklärung des Statikers zurück genommen

    Es bestanden offenbar Verträge mit dem Tragwerksplaner und dem Architekten.

    Solche Verträge können nicht ohne weiteres gekündigt werden, wenn man nicht Schadensersatzpflichtig werden will.

    Wenn Sie sicher sind, dass Sie keinen Kündigungsgrund geliefert haben, sind die beiden Herren schadensersatzpflichitig. Das muss aber vor Gericht ggf bewiesen werden. Der Architekt baut offenbar schon dagegen vor.

    Der Tragwerksplaner, der nicht mehr zu seiner Arbeit steht, hat nichts verwertbares geliefert. Also vermutlich keinerlei Ansprüche ist aber Schadensersatzpflichtig und muss die Kosten des Ersatzmannes übernehmen. Abzüglich seines Honoraranspruches.

    Trotzdem wird man das Vertragsverhältnis kaum fortsetzen können. Dann muss ggf. die bereits geleistete Arbeit vergütet werden. Aber die _Mehrkosten des neuen Auftragnehmers werden davon abgezogen werden.

    Auch wenn hier vermutlich nicht die VOBAbk./B vereinbart wurde, kann man sich an den Regeln dort orientieren. Im BGBAbk. ist das oft nicht so leicht zu lesen. Aber das BGB und die vertraglichen Regelungen werden herangezogen werden.

    Das Alles wird ein Fall für einen erfahrenen Anwalt. Die sind so leicht zu finden wie ein weißer Elefant im Porzelanladen.

    Architekt und Tragwerkplaner sind sicher erfahrener in der Gestaltung eines solchen Endes und werden ihre Aussagen zu gestalten wissen.

    Vor allem sollte ab sofort alles nur noch schriftlich geregelt und Aktennotizen für das bisherige sofort angefertigt werden. Briefe gehen in einer solchen Situation in der Regel verloren. FAX plus normaler Brief kann ein Ausweg sein.

    Einwurf unter Zeugen mit Protokoll ist eine andere Möglichkeit der beweisbaren Zustellung.

  6. waren sie selbst als Bauherr schon beim Amt?

    Hat denn jemals eine Statische Berechnung für die baulichen Änderungen vorgelegen? Vermutlich nicht. Ohne Angabe von Gründen ist eine solche Berechnung auch nicht einfach zurück zu nehmen. Höchstens wenn der Architekt sie zurück zieht, weil sie fehlerhaft ist und überarbeiet werden muss. Klären Sie mit dem Amt, welche Unterlagen vorliegen. welche noch eingereicht werden müssen und bis wann sie einenen neuen Objektbetreuer nachmelden müssen.

    Erst danach wissen Sie dann sicher, ob der Architekt Sie verarscht hat.

    Die juristischen Erläuterungen vonb Frau Neugebauer stehen auf unsicheren Beinen, denn dazu fehlen zu viele Tatsachen.

    1) Sofort einen neuen Bauleiter suchen (am besten gleich einen Statiker mit Bauvorlageberechtigung)

    2) Klärung der fehlenden Unterlagen mit dem Bauamt und dem neuen Bauleiter

    3) Prüfung ob sich eine Klage gegen den bisherigen Architekt lohnt zwecks Rückforderung von Honoraren


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